Es
gibt Spiele, nach denen man hoch zufrieden ist, obwohl man Punkte
verschenkt hat. Nachdem wir uns in den letzten Spielen für die
Hinspielklatschen gegen den aktuellen Tabellenzweiten und
Tabellenvierten erfolgreich revanchiert hatten, ging es nun darum,
die 0:5-Scharte gegen den Tabellendritten auszuwetzen. Die Zweite von
Hertha BSC hatte uns dermaßen deklassiert, dass unsere
Mannschaftsleitung uns seinerzeit die Verbandsligareife abgesprochen
hat(te).
„Packen
wir´s?“ fragte ich Stephan vor dem Spiel – „Ich glaube: ja“
war die klare Ansage.
Hertha
war in gleicher Besetzung wie im Hinspiel angetreten, also mit den
schnellen Außenleuten und dem überragenden Libero. Auch Hertha
schien von unserer fast lupenreinen Rückrundenbilanz Kenntnis zu
haben und so begannen beide Mannschaften vorsichtig. Aber spätestens
als uns nach gut fünf Minuten in der Abwehr ein Quer- oder Rückpass
völlig verunglückte und der blauweiße Mittelstürmer auch im
dritten Versuch nicht einlochen konnte, war uns klar, dass die
Herthaner auch nur mit Wasser kochen.
Dass
kurze Zeit später der Fünfer von Hertha an der Strafraumgrenze frei
zum Schuss kam und der Mittelstürmer zwei Meter vor dem Tor den Ball
mit dem Kopf noch ins rechte Toreck abfälschen konnte, setzte bei
uns wie in den vergangenen Spielen Kräfte frei. Ganz prima wieder
unser Spielaufbau aus der Abwehr und Didi war im zentralen Mittelfeld
Ballsicherheit und genialer Passgeber in einer Person. Hendrik und
Stephan sorgten über Außen für Gefahr, ebenso Hecki mit seinen
Vorstößen aus der Abwehr.
Der
Ausgleich war eine Frage der Zeit und zeigte, wie gut wir aufeinander
eingespielt sind: Hecki hatte sich wieder in den Angriff eingemischt
und wollte an der Strafraumgrenze einen Abpraller verwerten. Von
hinten kam Stephan angeflogen und brüllte „Leo“. Man sah, wie
bei Hecki die Zahnräder drehten und nach 0,2 Sekunden gab die
Freund-Feind-Kennung Freigabe. Er zog seinen Fuß zurück und Stephan
konnte per Flachschuss zum 1:1 verwandeln.
Das
schmeckte den Herthanern natürlich nicht und sie erhöhten den
Druck. Aber die langen Bälle konnte ich ablaufen, die Fernschüsse
waren haltbar und unsere Abwehr mit Grimmi, Hecki, Ändy und Esti
spielte wieder bärenstark, so dass die Herthaner nicht in unseren
Strafraum gelangten. Die Angriffsversuche des langen Liberos
unterband Frank M. mit seiner bisher besten Saisonleistung.
Auch
unser 2:1 in der 20 Minute war eine tolle Teamleistung. Als Torwart
hast Du ja zwei Probleme, erstens sollst Du die Bälle halten und
wenn Du mal einen gehalten hast, dann kommt Problem zwei, nämlich:
wohin mit dem Ball. So lag ich mit dem Ball am Boden und suchte im
Aufstehen eine Anspielstation, was in dieser Phase gar nicht so
einfach war. Doch mein Blick traf den von dem vor dem Mittelkreis
freistehenden Didi. Es war so eine Blickverbindung, die den Ball wie
auf einer Schiene führt. Hinzu kam, dass Hecki den Braten gerochen
hatte und aus dem eigenen Strafraum nach vorn spurtete. Ein kurzes
Nicken von Didi, ein schneller Abwurf, Didi nahm den Ball an und
einen Gegenspieler aus, verzögerte noch ein klein wenig um dann den
tödlichen Pass zu Hecki zu spielen, der den Ball flach am Torwart
vorbei einschieben konnte.
In
der Pause hatte Grimmi fast nichts zu kritisieren, außer dass wir in
unserem Abwehrverhalten gelegentlich etwas zu langsam schalteten, so
dass die Herthaner im Mittelfeld immer freie Anspielstationen hatten.
In
Halbzeit zwei wollte Hertha noch stürmischer angreifen und überzog
dabei. Unsere Abwehr hielt weiterhin stand und Hertha gab uns Raum
für gefährliche Konter. Wir hatten das Spiel im Griff und
erspielten uns Chance auf Chance. Warum und wie wir mindesten fünf
Riesen vergeben haben, lässt sich aus Torwartperspektive nur erahnen
und manche von uns werden eine unruhige Nacht verbracht haben.
Zum
Spielende schaltete sich der lange Libero in die Angriffe ein. Aber
auch er blieb wirkungslos – bis zur Schlussminute. Wir hatten
erneut einen Angriff abgefangen und der Libero blieb frustriert im
Strafraum stehen. Aber ein Mitspieler, der hier nicht namentlich
erwähnt wird, weil er das Apres-Spiel-Tannenzäpfle mitgebracht
hatte, leistete sich ein etwas ungenaues Abspiel. Der Herthaner
Abwehrspieler schlägt den Ball auf den im Strafraum
mutterseelenallein und unübersehbar wartenden Libero. Gekonnt nimmt
der den Ball an und knallt ihn zu dem für Hertha überaus
glücklichen 2:2 Endstand ins Netz – schade.
Dennoch
tat das unserer guten Stimmung keinen Abbruch. Kein Licht in der
Kabine, Heiß-Kalt-Duschen ohne Abfluss und ein gepflegtes
Kabinenbier mit anschließendem Besuch bei Carsten gaben uns das im
Winter so vermisste Heimatgefühl zurück. Und auch Uwe S. lauschte
im Casino mit leuchtenden Augen unseren Erzählungen und wartet nun
sehnsüchtig auf seinen fünfzigsten Geburtstag.
Hans
Sch.
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