15.10.09

Pinball Wizard



Spiel gegen den Tabellenführer. Prima Kunstrasen, prima Kabine und gefühlte 200 Zuschauer – ein würdiger Rahmen für das Spiel des Tabellenführers gegen den Tabellenzweiten vom Hubi. In der letzten Saison hatten wir sie nach 3:0-Führung noch 3:2 geschlagen. Bernd Grimm sollte auch mitspielen. Für mich als Torwart hieß das: warm anziehen! Ich stellte meine Trinkflasche in das Tor neben den Pfosten. Da sollte sie bis zur Pause stehen bleiben.
Die Adler begannen stark, hatten gute Einzelspieler. Wir wollten sie in Sicherheit wiegen und dann auskontern. Nach fünf Minuten griffen sie über ihre rechte Seite an. Wolfgang Sch. wollte den Ball nicht wegpieken, sondern ablaufen. Der Adler schaltete den Turbo ein und konnte scharf nach innen flanken. Ich hätte versuchen können, die Flanke abzuwehren, wähnte Ändy aber im Abwehrzentrum, der den Ball sicherer hätte wegschlagen können. Doch bevor ich mich umdrehen konnte, zischte der Ball an meinem Kopf vorbei ins Tor. Keine Ahnung, wo der Adler herkam - ich war das Murmeltier. Und meine Flasche kullerte über den Kunstrasen.
Nun mussten wir das Spiel machen. Die Adler standen hinten sicher und verlegten sich aufs Kontern. Aber hinten ließen wir nichts mehr anbrennen. Unsere Angriffe waren zunächst noch relativ harmlos, aber wir erhöhten den Druck kontinuierlich. Und wir hatten Hannes, das Strafraumungeheuer. In der 20. Minute schlug Bernd eine hohe Flanke an den langen Pfosten, Hans stieg hoch und konnte den Ball trotz leichter Rücklage einköpfen. 1:1 stand es zur Pause. In der Pause warnte Wolfgang Sch.: „Wer das Spiel macht, verliert!“ Ich ließ meine Flasche sicherheitshalber in der Kabine.
Bernd erhöhte kurz nach der Pause nach schöner Einzelaktion zum 2:1. Die Adler mussten nun versuchen, das Spiel zu machen. Aber das ließ Hannes nicht zu. Nach einer Arne-Gerdts-Flanke erhöhte er per Kopfballtorpedo unter die Latte zum 3:1. Zwei weitere Kopfbälle von ihm sausten knapp neben das Tor.
Nicht nur in der Luft, sondern auch am Boden verbreitete er Angst und Schrecken. Flach angespielt nahm er den Ball völlig unberechenbar an und die Gegner mussten sich zu zweit oder dritt auf ihn stürzen. Gegen Mitte der zweiten Halbzeit verursachte er im eigenen Strafraum aus dem Nichts eine Ecke und legte danach zweimal wunderbar für die freistehenden Stürmer auf. „Hannes, Du bist Stürmer, geh in den gegnerischen Strafraum!!“ verscheuchte ihn Bernd – zu meiner Erleichterung.
Der Höhepunkt des Spiels stand jedoch noch bevor: Ein 3:1 ist ein klares Ergebnis, aber ein 4:1 drückt einen Klassenunterschied aus. Ändy He. brannte vor Ehrgeiz. Er nahm sich den Ball zum Freistoß fünf Meter vor der Strafraumgrenze. Was tun? Hannes sollte keinesfalls ein drittes Tor erzielen. Und die Mittelfeldstrategen Bernd und Wolfgang W. sollten sehen, dass andere Leute auch spielen können. Arne schimpft zu viel, Berri träumte. Axel stand draußen und Andi Hä. kreuzte irgendwo hinter den Gegenspielern. Wolfgang Sch. sicherte hinten ab. Ändy He. musste es also selbst tun! Sein Leben zog an ihm vorbei. War das nicht etwas in der Schule gewesen? Physik? Einfallswinkel = Ausfallswinkel? Oder hatte er den Physikunterricht nicht gelegentlich geschwänzt, um in der Kneipe zu flippern? Das wars! Er zog die Kugel scharf in und flach in den Strafraum – Zong – Zong – Zong prallte sie von Bein zu Bein ins Tor. Highscore und Freispiel!

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Gar nicht mal schlechtes Kindlpils vom Fass gab es in der Sportlerpinte des Adlernests. Die Speisekarte bot die gesunde vegetarische leichte Sportler-Bio-Vollwertküche: Wiener, Knacker, Bockwurst, Rostbratwurst, Boulettesenf, Boulettecurryketchup. Der ob der souverän eroberten Tabellenführung und dem bisher besten Spiel der Saison fröhlichen BSCer-Runde erzählte Ändy fünfmal in anschaulichster Weise Entstehung und Vollendung seines Tores. Bei unserer Weihnachtsfeier, wenn Ändys Lebensgefährtin Anke mit am Tisch sitzt, wird dann die XXL-Version geboten!
Hans Sch.

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