Vor zweieinhalb Wochen wurde uns im Pokal die 1. Ü60 vom TSV Rudow
zugelost - ein wahrlich attraktiver Gegner!
Damals wie auch aktuell das Zweitbeste aller 49 Berliner Ü60-Teams.
Nur die Altvorderen von Hertha BSC sind noch besser positioniert - und
die spielen ja bekanntlich schon seit vielen Jahren in ihrer ganz eigenen Liga
(31 der letzten 32 Meisterschaftsspiele gewonnen…).
Nun denn also, Rudow. -
Wie bereitet man sich auf ein solches Match vor?
Das soll hier nicht en détail verraten werden, schließlich kann ja weltweit jeder das hier
Niedergeschriebene mitlesen.
Nur soviel: Wir haben da so unsere ganz eigenen Methoden… (Auf der
Website des TSV findet sich hierzu eine im folgenden im Wortlaut auszugsweise
wiedergegebene Passage des Spielberichts vom Spiel des TSV am 26.09.2012 beim
SV Buchholz:
…„Im Vorfeld des Spieles wurden wir überrascht von einem
Spieler des Berliner SC, unserem nächsten Pokalgegner, der sich nicht nur das
Spiel ansehen wollte, sondern auch jeden unserer Spieler mit einer Kamera
aufnahm!“… -
Wer von uns mag
das wohl gewesen sein ?)
Die Zuschauerränge
waren für unsere Verhältnisse gut gefüllt. Die Mannschaft bedankt sich für
ihren Besuch u.a. bei unseren beiden Stammgästen Ändy und Andi sowie bei Manni
und allen weiteren hier nicht aufgeführten Gekommenen.
Und es gab
einiges zu sehen…
Von Anfang
an stand das Spiel auf hohem, vor allem läuferisch und taktisch hohem Niveau.
Jede der
beiden Mannschaften fuhr ihre Angriffe aus einer gesicherten Deckung heraus.
Beide Teams wussten dabei das Spielfeld auch in seiner kompletten Breite zu
nutzen.
Der BSC
begann in der Abwehr mit Klaus und Ebi, das Mittelfeld wurde abwechselnd von
Jürgen und Peter beackert.
Effendi wich
dem überdurchschnittlich laufstarken Playmaker der Rudower nicht von der Seite,
und Jörg schließlich war unsere vorerst einzige Spitze.
Im Verlauf
des Spiels wechselte sich die Abwehr und das Mittelfeld sukzessive ab mit Arne,
Hermann und Helmut. Claus stand - wie gewohnt - im Tor.
Mit
fortlaufender Dauer des Spiels zeichnete sich allmählich eine leichte
Überlegenheit der Rudower „Stars“ ab, die hier bei uns mit wirklich allem
angetreten waren, was Rang und Namen hatte. Das gegnerische Team versuchte
immer wieder, uns mit ebenso durchdachtem wie schnellem Kombinationsspiel unter
Druck zu setzen.
Aber wir
hielten dagegen.
Hinten
ackerte Klaus, dass es eine Lust war, ihm zuzusehen! Gewann er noch gerade eben
einen Zweikampf gegen den Rudower Mittelstürmer, fing er kurz darauf einen für dessen
Nebenmann gedachten scharfen Pass ab und leitete dann gleich den nächsten
Angriff der Gelb-Schwarzen ein. Bei alledem fand Klaus in seiner unaufgeregten
Art immer noch die Zeit, um sich mit seinen Nebenleuten durch kurze Zurufe oder
aber auch nur Blicke darüber zu verständigen, wer in der jeweiligen
Spielsituation jetzt welche Aufgabe zu übernehmen hat.
Ein - nein,
der Turm in der Abwehr!
Auch Ebi in
Höchstform: Rannte, rackerte, schmiss sich in die Bälle rein.
Und hohe
Bälle, die Rudow - wie es von einer Klassemannschaft nicht anders zu erwarten
war - eher selten, wenn, dann aber gefährlich vor unser Tor hereingab, waren
bei Ebi ebenfalls gut aufgehoben. Der obligatorische Selbstmörder-Querpass soll
hier nicht unterschlagen werden, aber auch dies führte keineswegs zu Abstrichen
an Ebis Top-Performance.
Besonders
fiel in diesem Zusammenhang übrigens noch auf, dass Ebi heute zwar fast überall
zu sehen, aber ungewohnterweise so gut wie überhaupt nicht zu hören war. -
Nicht unangenehm…
Arne
strahlte wie immer Souveränität und Ruhe aus. Und er war hellwach, wenn’s
brenzlig wurde!
Unerreicht
ist nach wie vor Arnes Auge für den freien Nebenmann. Worauf man sich bei Arne
normalerweise, und so auch heute wieder, stets verlassen kann, ist sein
punktgenaues Passspiel, egal ob zu dem von zwei Gegenspielern umringten Stürmer
oder Longline in den Lauf des Außen.
Und Arne
tritt auch einfach mal auf den Ball und sorgt für Konsolidierung, wenn es die
Situation als angeraten erscheinen lässt.
Jürgen ging
- noch von seiner vor drei Tagen in Hermsdorf erlittenen Verletzung -
gehandicapt ins Spiel. Er bot sich nichtsdestotrotz ständig als Anspielstation
an, bekam und verteilte viele Bälle.
In seiner
speziellen Funktion war Jürgen nicht vorrangig mit Abwehraufgaben betraut. Seine
hervorragende Stärke ist und bleibt nun mal der Abschluss. Auch heute zimmerte
Jürgen wieder einige Bälle auf des Gegners Kasten, die aber ob der gut
gestaffelten Abwehr der Rudower allesamt aus so relativ großer Torentfernung
abgegeben werden mussten, dass keiner davon den Weg in den Kasten der
Südberliner fand.
Peter war
ein ständiger Unruheherd. Zu keiner Zeit konnten es sich die Rudower leisten,
ihn unbeachtet auf dem Feld alleine zu lassen. Immer wieder bot Peter sich an,
lief viel, besonders auch die weiteren Wege auf die Außenpositionen. Von dort
dann gleich auch wieder zurück ins Abwehrzentrum des BSC. Über die
kämpferischen Qualitäten von Peter zu reden, hieße, die sprichwörtlichen
Nachtvögel in die Hauptstadt der Hellenen zu befördern…
Hermann -
rekonvaleszent nach noch immer nicht ganz überstandener Grippe - fügte sich
nahtlos in das Team ein. Er nutzte jede sich bietende Gelegenheit zu
Gegenangriffen, war trotz seines wegen der erwähnten Beschwerden vielleicht
erst bei 70 oder 80 Prozent liegenden Leistungsvermögens enorm wichtig für die
Mannschaft.
Auch Hermann
ist einer derjenigen Spieler, die stets das Auge für den freien Nebenmann
haben. Er sieht aber genauso auch, wenn eben gerade keiner anspielbar ist und
schlägt dann nicht auf gut Glück den Ave-Maria-Pass ins Nirvana…
Helmut.
Schön, dass Du endlich wieder da bist !
Ballsicher,
strategisch denkend, schnell im Antritt, elegant in der Ballführung - noch
nicht immer mit dem Blick für den freien Nebenmann, was sich aber nach zwei,
drei weiteren Spielen sicherlich absolut gegeben haben wird. Eine Bereicherung
für jedes Team, und so auch für das unsere. Wir alle freuen uns auf tolles
Kombinationsspiel mit dir Vollblutfußballer!
Effendi
hatte es - wieder mal - mit der „Lunge“ des Gegners zu tun.
Er
versuchte, sich von Anfang an die Fersen des gegnerischen Zehners zu heften. Dieser
- erst verwundert, mit fortlaufender Spielzeit dann immer mehr genervt wegen
seiner Sonderbewachung - tigerte zwar nach wie vor unermüdlich kreuz und quer
über das Spielfeld, konnte aber zu keiner Zeit diejenige Effektivität im
Spielaufbau oder Abschluss entfalten, die er selbst und seine Mitspieler
scheinbar von ihm gewohnt waren.
Neben seiner
Sonderrolle fand Effendi noch Gelegenheit, sich ein ums andere Mal in die
Angriffe der Seinen einzuschalten. Er lief ständig in die freien Räume, bot
sich als Anspielstation an, bekam und verteilte die Bälle an seine Mitspieler.
Auch mit seinem
kämpferischen Einsatz war Effendi einmal mehr ein wichtiger Aktivposten seines
Teams.
Jörg ging
nach ebenfalls gerade erst auskurierter Verletzung in das heutige Match.
Sein Posten
in der vordersten Linie war wieder einmal ein nicht eben dankbarer.
Einzelkämpfer zwischen abgezockten Defendern - das braucht schon gewisse
Körperteile in gewissen Textilien…
Mittlerweile
hat es aber jeder in unserem Team mitbekommen, dass Jörg eigentlich immer
anspielbar ist, sei es, dass einer, zwei oder gar drei anders Gewandete um ihn
herum sind. Jörg gibt Dir schon durch seinen Blickkontakt zu verstehen, dass er
für das Zuspiel bereit ist. Und kommt der Ball dann auf ihn, wartete er nicht
ab, sondern geht der Murmel prinzipiell entgegen - so, wie’s eigentlich immer
und bei jedem Spieler sein sollte, aber halt eben in der Praxis lange nicht
ist…
Hat Jörg den
Ball dann einmal bei sich, ist es unerhört schwer, ihm diesen wieder abzunehmen!
Je nach Spielsituation kommt der Pass zum Mitspieler, oder aber Jörg setzt sich
gegen seine Konkurrenten durch und marschiert alleine aufs Tor zu.
Nach
zwei, drei halben Chancen für die Rudower dann auf einmal wir!
Jörg
bekommt in zentraler Position 15 Meter vor dem gegnerischen Tor den Ball
zugespielt. Sein Gegenspieler steht direkt hinter ihm. Jörg nimmt den Ball,
trickst seinen Gegner aus und hat auf einmal nur noch den Keeper vor sich. Jeder,
der schon mal in einer vergleichbaren Situation gewesen ist, weiß, dass die
scheinbar einfachsten Dinge oft die schwersten sind… Zeit ohne Ende, immer
dichter ans Tor ran - und dann sollte man ja irgendwann auch mal schießen. So
geschah’s - und der Torwart hielt tatsächlich diesen eigentlich unhaltbaren
Ball.
Weiterhin
0:0.
Rudow
weiter mit leichten Vorteilen.
Einige
Schüsse auf unser Tor. Doch die werden entweder abgeblockt, gehen am Tor vorbei
oder sind eine sichere Beute von Claus.
Dann
ist Halbzeit.
Rudow
wirkt überrascht über das für sie unerwartete Zwischenresultat.
Überrascht,
aber mehr auch nicht.
Sind
ja noch 30 Minuten zu spielen…
Im
zweiten Abschnitt verlagert sich das Spielgeschehen zusehends in unsere Hälfte.
Jetzt
kommt so langsam die große Zeit des Claus V.
Rudow
spielt den Zwölfer frei, der zieht aus zentraler Position scharf und platziert
auf unser Tor.
Schade,
so lange hatten wir die Null gehalten…
Gehalten?
Gehalten!
Wie
in aller Welt hat Claus noch seine Finger an diesen Ball gebracht, war doch
eigentlich praktisch schon drin, das Ding!
Ein
Entlastungsangriff unsererseits. Torschuss, aber kein Treffer.
Rudow
greift wieder an.
Claus
kann mit einer erneuten fantastischen Parade zur Ecke klären.
Die
Ecke kommt kurz.
Ein
Rudower spielt den rechts hinten stehenden BSCer aus, zieht dann aus spitzem
Winkel flach und scharf aufs Tor; Torentfernung höchstens fünf Meter.
Claus
ist mit dem Fuß zur Stelle, klärt erneut.
Die
Rudower gucken sich an - gibt’s doch gar nicht!
Wieder
Rudow.
Der
Linksaußen kombiniert sich mit dreifachen Doppelpässen herrlich bis fast zu
unserer Grundlinie durch. Ein fein getimter Querpass direkt vors Tor auf den
mitgelaufenen Center der Rudower. Der holt aus, um die Kugel einzunetzen.
Tor?! -
Nein,
unglaublich!!
Klaus
kommt irgendwie von der anderen Seite herangerauscht (keiner weiß, wie er das
gemacht hat), schafft mit allerletztem Einsatz einen Pressschlag, sodass der
Ball ganz knapp am Tor vorbeigeht.
Eine
Wahnsinnstat!
Wir
entlasten wieder ein wenig, kommen aber kaum zu wirklich zwingenden
Möglichkeiten. Immerhin, wenn wir angreifen, zieht sich Rudow ganz schnell in
die eigene Hälfte zurück. Haben scheinbar doch ein bisschen Respekt bekommen
vor uns…
Dann
wieder Rudow.
Und
wieder Claus.
Innerhalb
von zwei Minuten entschärft er zwei weitere Hundertprozentige der Weißen in
Manier eines Weltklasse-Keepers (der er jetzt wirklich ist!).
Schuss
Nummer eins sieht Claus waagerecht in der Luft fliegend den Ball an den linken
Pfosten boxend, den nächsten Schuss holt Claus mit einem wahren Panthersprung
aus der unteren rechten Ecke.
Jetzt
hat sich der Rudower Mittelstürmer in Schussposition gebracht.
Todesmutig
wirft Claus sich ihm entgegen, hechtet und begräbt den Ball unter sich.
Wahnsinn!
Und
immer noch 0:0.
Und
wir bemühen uns weiterhin um einen kontrollierten Aufbau. Vergessen dabei aber
nicht die Absicherung nach hinten.
Für
viel mehr als ein paar bis zum gegnerischen Strafraum recht variantenreich
vorgetragene Entlastungsangriffe unsererseits reicht es zwar bisher noch nicht,
doch auch das schafft Luft und Zeit zur Neuordnung.
Alle
bei uns sind hoch konzentriert; kämpfen, ackern, machen.
Und
von draußen gibt uns Marko kurze und genau terminierte Tipps, feuert uns an,
lobt.
Das
gibt nochmal mehr Motivation, alles läuft einfach toll.
Jedenfalls
bis dahin…
Rudow
kann schwer verstehen, dass die Bezirksligisten sich von dem
Verbandsliga-Zweiten nun so langsam noch nicht mal konditionell den Schneid
abkaufen lassen.
Sie
greifen weiter an, wir parieren.
Jetzt
ist auch das Glück ein paarmal eindeutig auf unserer Seite.
Zwei,
drei technisch wirklich gut angesetzte Schüsse der Rudower verfehlen ihr Ziel
nur um wenige Zentimeter.
Und
immer wieder Claus.
Was
nicht aufs Tor kommt, geht daneben. Was aufs Tor kommt, schnappt sich der heute
in der Form seines Lebens spielende Claus.
Aber
auch unsere Feldspieler fighten mit höchstem Einsatz.
Einer
für alle, alle für einen - klingt normalerweise immer ein wenig pathetisch.
Heute aber könnte der Tag sein, an welchem diese Metapher erfunden worden ist.
Was
für ein Spiel, was für ein Tag in unser aller altem Fußballerleben!
Den
nächsten Scharfschuss lenkt Claus mit allerletztem Einsatz an die Latte, von wo
aus der Ball wieder ins Feld zurückspringt…
Noch
zwei weitere gefährliche Angriffe der Rudower.
Alle
sind so intensiv mit dem Spiel beschäftigt, dass der Schlusspfiff des Schiris
mehr oder weniger überraschend kommt.
Aber
er kommt.
Doch
anders als in Wankdorf ist das Spiel damit noch nicht aus…
In
Übereinstimmung mit der Geschäfts- und Hausordnung des Deutschen Herzzentrums
im schönen Berlin-Wedding sowie den Statuten des BFV gibt es bei Pokalspielen
der Ü60er keine Verlängerung, sondern sofort den Shoot-Out.
Und
auch hier - nochmals mit Rücksicht auf das Alter der Kombattanten - schießen
zunächst nicht fünf, sondern nur drei Spieler eines jeden Teams ihre Neunmeter.
Nun
denn.
Arne
gewinnt die Auslosung und entscheidet sich dafür, dass wir anfangen:
BSC
- Schuss gehalten.
TSV
- Lattenkracher.
BSC
- sauber verwandelt! Helmut schießt scharf und platziert links halbhoch ein.
1:0 BSC!!
TSV
- einen Meter drüber.
BSC
- Einen Meter flach links daneben.
Es
deutet alles auf eine Verlängerung des Neunmeterschießens hin, wenn, ja wenn
nicht…
TSV
- Claus hält!!! Und hält uns damit im Wettbewerb!
Unfassbar.
Einfach toll!
Rudow
verlässt gruß-, sportgruß- und gratulationslos das Spielfeld.
Naja,
kann man irgendwie nachvollziehen.
Wir
sitzen noch bis nach elf im Casino. Erzählen uns gegenseitig von Glück, Können
und Tagen, an denen manchmal überraschende Sachen passieren…
Der
Star ist und war heute die Mannschaft – und das ist bei uns einer der ganz
wesentlichen Schlüssel zu unserer aktuellen Situation.
Noch
drei Spiele bis zum Finale…
…aber
nächste Woche ist erst mal wieder der schwere Alltag in der Meisterrunde
angesagt.
e.